Das Tiroler Volkskunstmuseum beleuchtet in der neuen Ausstellung „GERECHT?“ soziale Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in Vergangenheit und Gegenwart.
Tiroler Volkskunstmuseum // 6.6.2025 – 15.3.2026
34 Objekte aus ebenso vielen Museen und Sammlungen der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino – jedoch mit aktuellen Fragen neu kontextualisiert: In der Ausstellung „GERECHT? Geschichten über soziale Ungleichheiten“ werden bis heute brisante Themen über gleiche Rechte, Möglichkeiten und eine faire Ressourcenverteilung für alle Menschen, Bewältigung von Krisen und damit einhergehende gesellschaftliche Veränderungen aufgegriffen. Das Kooperationsprojekt zwischen dem Verein Tiroler Museen (tiMus) und dem Tiroler Volkskunstmuseum entstand anlässlich des Euregio-Museumsjahres „weiter sehen“.
Darfst du mitbestimmen? Kannst du dir jede Medizin leisten? Wirst du gerecht bezahlt? Diese und weitere Fragen ermöglichen einen neuen Blick auf die gezeigten historischen und zeitgenössischen Objekte in der neuen Ausstellung GERECHT?, kuratiert von Lisa Noggler und Jutta Profanter (TLM) sowie Christine Weirather und Sandra Marsoun-Kaindl (tiMus). „Die Ausstellung stellt Fragen, die viele Menschen täglich beschäftigen. Die historischen Artefakte und ihre vielschichtigen Geschichten machen nicht nur deutlich, dass Vergangenes bis heute präsent und relevant ist. Die vermittelten Fakten und unterschiedlichen Informationen fordern auf, sich selbst eine Meinung zu bilden“, erklärt Karl C. Berger, Leiter des Tiroler Volkskunstmuseums.
34 Fragen, 34 Objekte, 34 Geschichten
Eine Kraxe, eine Wahlurne, eine Schreibmaschine – so alltäglich manche Objekte auch auf den ersten Blick erscheinen, die Geschichten dahinter sind mitunter bewegend und aufrüttelnd: „Bei drei Ofenkacheln aus dem 17. Jh. erkennt man, dass Kinder an der Herstellung mitgewirkt haben. Die Frage zu diesem Objekt lautet ,Wer stellt deine Dinge her?‘ Kinderarbeit ist trotz UN-Kinderrechtskonvention nach wie vor ein großes Thema: weltweit ist fast jedes zehnte Kind davon betroffen – Tendenz steigend“, nennt Kuratorin Jutta Profanter ein Beispiel. Ein weiteres Beispiel führt Kuratorin Lisa Noggler an: „Eine selbstgeschnitzte Holzspritze verwendete ein junger Mann vor über 100 Jahren, um seiner Freundin einen Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen. Sie überlebte nur schwer verletzt. Die Frage ,Wer bestimmt über deinen Körper?‘ ist bis heute erschreckend aktuell.“
Themen von „zeitloser“ Brisanz
Weitere Themen, die Eingang in die Ausstellung gefunden haben, sind etwa Inklusion, (gerechte) Strafen, soziale Absicherung, Lohngerechtigkeit, Rassismus, Gleichheit vor dem Gesetz oder Fake News. „Interaktive Elemente zu den 34 Objektgeschichten ermöglichen dem Publikum, Meinungen und Botschaften zu unterschiedlichen Themen unserer heutigen Demokratie mit anderen Ausstellungsbesucher*innen zu teilen und zu diskutieren. Vermittlungs- und Veranstaltungsprogramme mit verschiedenen Kooperationspartner*innen schaffen Diskussionsräume zu Fragen der Gerechtigkeit, Solidarität, Toleranz, Meinungsfreiheit und anderer Grund- und Menschenrechte“, sagt Katharina Walter, Leiterin der Kulturvermittlung der Tiroler Landesmuseen.
Nicht zuletzt spiegelt sich das allumspannende Thema „(Un)Gleichheiten“, „(Un)Gleichgewicht“ auch in der Ausstellungsarchitektur wider – rund 30 große Holzblöcke liegen aufeinander, nebeneinander, lehnen sich aneinander an und stützen sich gegenseitig: „Es sind Kuben, die teils auch aus dem Gleichgewicht geraten sind. Die Ausstellungsgestaltung von Carol Kofler und Irene Massimo greift die Balance auf, die es braucht, um im Gleichgewicht zu sein“, erklärt Kuratorin Lisa Noggler.
Euregio-Museumsjahr 2025 „weiter sehen“
Die Ausstellung ist als Kooperation zwischen dem Tiroler Volkskunstmuseum und dem Verein Tiroler Museen (tiMus) anlässlich des Euregio-Museumsjahres „weiter sehen“ entstanden, das sich – ausgehend vom Bauernaufstand 1525 unter der Führung von Michael Gaismair – mit Fragen nach sozialer Gerechtigkeit, nach Formen des Widerstands und dem Umgang mit Krisen auseinandersetzt. Als Kooperationsprojekt vereint die Ausstellung 34 Museen und Sammlungen aus der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino, jede dieser Institutionen hat ein Objekt beigesteuert. „Kultur kennt keine Grenzen, wird nicht durch Grenzen bestimmt. Bei der Ausstellung geht es um Vernetzung und eine gemeinsame Betrachtung von Geschichte und Kultur, vor allem aber um das Thematisieren und Aufzeigen überregionaler Probleme: Museen sind seit langer Zeit Orte, in denen gesellschaftliche Herausforderungen der Gegenwart offen diskutiert werden. Wer Geschichte und Kultur nicht kennt, irrt in der Gegenwart umher“, betont Karl C. Berger, Leiter des Tiroler Volkskunstmuseums.
Publikation zur Ausstellung
Zur Ausstellung „GERECHT? Geschichten über soziale Ungleichheiten“ ist eine zweisprachige (ital./dt.) Publikation mit dem Titel „GERECHT? inGIUSTO!“ bzw. „inGIUSTO! GERECHT?“ erschienen. Mit Beiträgen von Sandra Marsoun-Kaindl, Lisa Noggler, Jutta Profanter, Christine Weirather und Katharina Walter. Erhältlich ist die Publikation zum Preis von 14 € im Online-Shop sowie in allen Museumshops.